Ich gestehe feierlich, dass die Wut letzte Woche mit mir durchgegangen ist! Und zwar nicht nur so ein bisschen, sondern so richtig. Contenance hin oder hin...manchmal muss es
einfach raus.
Aber kein Grund zur Sorge: Es kam niemand zu Schaden. Lediglich mein eigenes Nervenkostüm wurde kurzfristig etwas in Mitleidenschaft gezogen.
Doch zurück zum Thema: Negative Gefühle wie Wut, Ärger, Enttäuschung etc. sind Emotionen, die per se keinen guten Ruf haben. Schade eigentlich, denn gerade negative Gefühle sind eine wertvolle Ressource. Wir erleben und erinnern sie oft noch wesentlich intensiver als positive Gefühle. Alle, die in ihrem Leben einmal Liebeskummer hatten, wissen sicherlich, was ich meine. Liebes-kummer zerreißt einem im wahrsten Sinne des Wortes das Herz. Und diesen Schmerz können wir oft noch Jahre danach erinnern oder (nach)fühlen.
Sicherlich, wir alle lieben positive Gefühle, ausgelöst durch Glücksmomente und schöne Erlebnisse. Und dennoch sind es gerade die negativen Emotionen, die in aller Gänze zeigen, wer wir sind. Das kann manchmal durchaus etwas erschreckend und überraschend sein, sowohl für einen selbst als auch für die Menschen im direkten Umfeld.
Um dies zu verstehen, müssen wir im wahrsten Sinne des Wortes einen Blick hinter die Kulissen wagen. Gefühle können nämlich wie der Vorhang in einem Theater verstanden werden. Nur wenn wir uns trauen den Vorhang aufzuziehen, erkennen wir, weshalb die Emotionen entstanden sind. Sie sind Ausdruck unserer innersten Bedürfnisse, die auf unseren Werten basieren und unserem Leben Orientierung geben. Werden sie verletzt, reagieren wir mit Betroffenheit, Enttäuschung, Wut oder Ärger. Werden sie erfüllt oder übertroffen, spüren wir Freude und Glücksseligkeit.
Negative Gefühle gehören zu uns wie die Nacht zum Tag. Sicherlich ist es wichtig, Positives immer wieder bewusst in den Vordergrund zu rücken. Ein zwanghaftes ausschließlich Positiv-Denken in einer Situation, in der wir aber genau das Gegenteil fühlen, wäre auf Dauer allerdings toxisch und würde unsere Psyche innerlich vergiften. Es ist eben nicht immer alles Friede-Freude-Eierkuchen und das ist okay. Sofern wir lernen, uns nicht einfach von unseren Gefühlen überrumpeln zu lassen oder sie womöglich noch ungefiltert an Anderen aus zu agieren. Anstatt dessen können wir lernen sie bewusst zu hinterfragen, um sie besser verstehen und langfristig damit umgehen zu können. Wir wachsen mit und durch unsere Emotionen als Persönlichkeiten. Nur durch sie erkennen wir, was uns wichtig ist, was uns fehlt und worauf wir getrost verzichten können. Alle Emotionen, egal ob positiv oder negativ sind daher wertvoll!
Wenn Sie also das nächste Mal einen Tag haben, der nach Murphy´s Law schon mit dem Aufstehen in Schieflage geraten ist, antworten Sie auf das "Wie geht´s Dir?" von der Arbeitskollegin einfach mal ganz ehrlich. Sicherlich werden sie anfangs die ein oder andere verwunderte Reaktion erhalten, aber ich verspreche Ihnen, dass Sie langfristig überrascht sein werden, was das Äußern negativer Gefühle Positives bewirken kann. Ein tolles Paradoxon, das unverzichtbar ist beim Aufbau von Vertrauen. (Ver-)Trauen Sie sich also ruhig und zeigen Sie Ihre Verletztlichkeit!
Apropos: Hinter meiner Wut und meinem Ärger versteckte sich übrigens das Bedürfnis nach Fairness, was für mich in der Situation nicht erfüllt wurde. Als ich das für mich reflektiert hatte, konnte ich die Emotionen akzeptieren und meine Schlüsse daraus ziehen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen nun viele spannende Erkenntnisse rund um Ihre Emotionen und haben Sie ruhig ab und an mehr Mut zur Wut!
Ihre
Barbara Ries
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Markus (Monday, 18 October 2021 22:05)
Sehr gute Erkenntnis und prima Vorschlag zum Umgang damit.
Olli (Tuesday, 19 October 2021 21:20)
Ja, ich kann das aus meiner Erfahrung bestätigen. Es ist wichtig zu verstehen, welche Bedürfnisse hinter der Wut stecken. Est steckt viel konstruktive Energie darin, die wir nutzen können, sobald wir aufhören sie zu unterdrücken und beginnen, sie anzunehmen und zu verstehen.
Netti (Sunday, 21 November 2021 00:56)
Super Artikel!
Ich denke auch, es ist wichtig, die negativen Gefühle anzunehmen, inne zu halten und sich zu fragen, woher sie kommen oder warum ich gerade jetzt mit Wut oder Ärger und nicht mit Gelassenheit reagiere?
Man lernt nie aus! ��