Geduld ist eine Tugend, oder?

einsame Bank, Sonnenuntergang, Geduld, Ruhe

Geduld ist eine Eigenschaft, die ich absolut bewundernswert finde und mich regelmäßig in Erstaunen versetzt! Vermutlich vor allem deswegen, weil ich selbst so ziemlich genau das Gegenteil bin! :)

 

Erst gestern beim Einkaufen im völlig überfüllten Lebensmittel-Laden, stand ich hinter einem älteren Herren an der Kasse, der sehr sorgsam alle seine Schätze mit solch einer Hingabe auf das Kassenband legte, dass ich im ersten Moment fast schon hypnotisiert wurde. Doch dann fiel mir ein, dass ich noch exakt 5 Minuten kostenlos parken konnte. Und zack, da war sie! Die Ungeduld! Deutlich spürbar im ganzen Körper! Ich fing an, von einem Bein auf das nächste zu wippen, immer wieder hektisch auf die Uhr zu blicken und mir bereits gedanklich den effizientesten Weg zum Parkhaus zu überlegen. Mit Einkaufswagen versteht sich.

 

Als der nette Herr vor mir dann endlich den letzten Cent aus seiner Geldbörse gekramt hatte, hatte ich bereits meinen kompletten Einkauf á la Tetris auf das Band gestapelt (vor lauter Hektik fiel mir fast noch die Milch herunter) und war startklar zum zahlen. Der vorher strategisch überlegte kürzeste Weg zum Parkhaus war natürlich gemäß Murphys Law mit zwei Containern voller Papier- und Plastikmüll verstellt und dennoch schaffte ich es gerade noch das Parkticket pünktlich zu entwerten. Und dann entdeckte ich den großen Aufkleber auf dem Automaten: "Aufgrund der Mehrwertsteuersenkung schenken wir Ihnen pro berechneter Stunde 5 Minuten zusätzliche Parkzeit!"

 

"Ist jetzt nicht Euer Ernst?!", sagte ich laut zu dem Automaten (als ob der sich dafür interessieren würde) und dann dachte ich mir nur noch kopfschüttelnd "Was zur Hölle ist eigentlich los mit Dir?". 

 

Ob Echtzeit-Staumessung, das Software-Update oder die Lesedauer bei online-Artikeln: Zeit ist die Währung unserer Gesellschaft! Am besten noch mit Vergleichzeitigung (so bezeichnet der Hamburger Philosoph Christian Schüle Multitasking). Nicht umsonst sagt der Volksmund: Fünf Minuten vor der Zeit ist des Deutschen Pünktlichkeit. Und Warten? Das wird als Bremsmanöver verstanden und führt bei vielen Menschen regelmäßig zu Wutausbrüchen! Weshalb? Weil wir von Natur aus anders gestrickt sind und uns diese Form des Zeitumgangs stresst! Schauen Sie sich Kinder an! Die können ohne Probleme ihre Zeit verplempern, trödeln und sich langweilen. Und das auch noch mit Vergnügen! Doch wir verlernen diese Gabe, überschütten uns mit viel zu vielen Aufgaben, glauben, es gehöre sich so, von einem Termin zum nächsten zu hetzen und zu versuchen, sich ständig selbst zu überholen!

 

Für mich ist Geduld letztlich die Fähigkeit, warten zu können! Denn Warten verschafft uns unverhofft Zeit! Zeit, um unsere Gedanken schweifen zu lassen, die Umwelt zu beobachten und uns einfach mal treiben zu lassen! Doch verschwenden wir die Wartezeit damit, uns über unsere nächsten Pläne, Aufgaben und Co. Sorgen zu machen, vergeht dieser kostbare Moment, ohne dass wir diesen für uns persönlich genutzt haben! Ich liebe dieses sich-treiben-lassen im Urlaub! Das geht vielen Menschen so! Denn hier fühlen wir uns oft frei von alltäglichen Verpflichtungen! Doch letztlich geht es genau darum, die Verpflichtungen zuhause zu hinterfragen und entspannter damit umzugehen! Und wenn alle Stricke reißen und wir uns wieder im Hamsterrad befinden, hilft immer noch "tief durchatmen" und sich die Frage zu stellen: Was ist jetzt wirklich das Schlimmste, was passieren könnte?!

 

In meinem obigen Einkaufs-Fall wäre das "Schlimmste" gewesen, 1,20EUR Parkgebühren zu zahlen. Die zusätzliche Warte-zeit wäre mir das auf alle Fälle wert gewesen!

 

In diesem Sinne, bleiben Sie geduldig! 

 

Ihre

Barbara Ries

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