In einem meiner vorherigen Beiträge habe ich mich bereits mit dem Thema "Entscheidungen" auseinandergesetzt, allerdings mit dem Blickwinkel, wie schwer es uns fällt überhaupt Entscheidungen zu treffen.
In diesem Beitrag möchte ich nun etwas genauer erläutern, wie Entscheidungen neurowissenschaftlich begründet werden und zwar mit Hilfe des Buchs "Schnelles Denken, langsames Denken" von Daniel Kahnemann, einem israelisch-amerikanischer Psychologen und Nobelpreisträger.
Er erklärt und beschreibt darin auf sehr eindrückliche Art und Weise, wie unsere Entscheidungen und Urteile in unserem Gehirn beeinflusst werden und immer wieder zu kognitiven Verzerrungen führen.
Dafür unterscheidet er zwei Denksysteme, die verantwortlich sind:
- System 1 ist für schnelles Denken zuständig und arbeitet automatisch, assoziativ und ohne Steuerung (Beispiel: Emotionen erkennen).
- System 2 hingegen gewährleistet langsames Denken, das heißt unser Gehirn prüft, rechnet nach und vergleicht.
Das langsame Denken ist für unser Gehirn wesentlich anstrengender und erfordert eine hohe Konzentration. Wer jetzt glaubt, dass System 2 in unserem täglichen Denken die Hauptrolle spielt, liegt leider weit daneben. Genau das Gegenteil ist der Fall, denn unser Gehirn ist faul.
Es versucht daher, so weit wie möglich Anstrengungen zu vermeiden und agiert in System 1. Und dieses System ist die Grundlage der meisten menschlichen Entscheidungen und damit auch der meisten Fehlentscheidungen. Der Grund, warum das System 1 den anderen Denkmodus ständig überrumpelt, liegt in den sogenannten Wahrnehmungsfehlern.
Die wichtigsten habe ich Ihnen im Folgenden zusammengetragen:
Priming-Effekt
Der Priming-Effekt besagt, dass Reize wie ein Wort, ein Bild oder eine Empfindung, die von System 1 aufgenommen wird, unmittelbar auf System 2 wirken. Wenn Sie in Ihrem Büro eine Kaffeemaschine mit einer Kasse stehen haben, wird die Zahlungsmoral Ihrer Kolleginnen und Kollegen merklich ansteigen, wenn Sie über den Kaffeeautomaten ein Bild mit einem Augenpaar aufhängen. Obwohl es völlig abwegig ist, dass die Augen auf dem Poster die Kaffeetrinker beobachten, fühlen sich die meisten Menschen dennoch beobachtet.
Halo-Effekt
Wenn Sie ein Vorurteil gegenüber jemandem haben, werden Sie alles, was diese Person tut, so bewerten, wie es das Vorurteil verlangt. Finden Sie etwa den amerikanischen Präsidenten unsympathisch (ein Schelm, wer nun Böses dabei denkt), dann werden Sie auch seine Politik unsympathisch finden. Sie wollen daran glauben, dass Ihre Erwartungen erfüllt werden. Zwar interessiert sich Ihr Gehirn vielleicht dafür, welche Fakten es tatsächlich gibt. Für dieses ist es aber sehr schwer, die Sache nüchtern zu betrachten.
Verfügbarkeitsheuristik
Ein punktuelles Ereignis, das ihre volle Aufmerksamkeit beansprucht, beeinflusst ihre zukünftigen Entscheidungen. Wenn die Medien im vergangenen Monat über zwei Flugzeugabstürze berichtet haben, zieht man vielleicht eher in Erwägung, den Zug zu nehmen, obwohl sich das Risiko eines Flugs nicht erhöht hat.
Unser Denken und Urteilen wird also nicht nur von Fakten, Beobachtungen und Abwägungen gesteuert, sondern vor allem von Elementen des Unterbewussten. Bei komplexen Problemstellungen sind wir daher gut beraten, wenn wir unserem Gehirn die Möglichkeit einräumen, langsam zu denken und zu entscheiden. So können wir solche Heuristiken und kognitiven Verzerrungen merklich verringern.
Probieren Sie es doch selbst einmal aus und lassen Sie die letzte Woche mit folgenden Fragen Revue passieren:
- Bei welchen Entscheidungen der letzten Woche habe ich mich auf mein „schnelles Denksystem“ verlassen, obwohl das „langsame Denksystem“ rückblickend gewinnbringender gewesen wäre?
- Welche Entscheidungen stehen zukünftig an? Und was möchte ich mir konkret für diese vornehmen?
- Durch was habe ich in der vergangenen Woche meine Vorbildfunktion gezeigt? Was könnte ich zukünftig verändern?
Viel Freude bei Ihren Erkenntnissen wünscht Ihnen
Barbara Ries
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